Ich begann mich nämlich ein bisschen für Wildbienen zu interessieren, und da erschien die Zaunrübe prompt in ganz neuem Licht. Denn: sie ist die einzige Futterpflanze für die Zaunrübensandbiene (Andrena florea). Nur, wenn diese Pflanze in der Nähe wächst, wird auch die Zaunrübensandbiene in den Garten ziehen. Und WEIL diese Pflanze aus Gärten und Parks so häufig entfernt wird, nimmt der Bestand der Zaunrübensandbiene immer weiter ab. Die Rechnung ist ganz einfach: keine Zaunrübe = keine Zaunrübensandbiene. Ein kleiner Baustein des weltweiten Insektensterbens.
Ich beschloss also, dieser wichtigen Pflanze ein Zuhause zu geben. Eine Zeit lang leitete ich die Zaunrübe entlang der Grenze zum Nachbarsgrundstück, eben am Zaun entlang. Oder besser gesagt: leiten musste ich nicht viel; ich ließ sie vielmehr einfach wachsen. Da aber mein Nachbar eine andere Vorstellung von Gartengestaltung hat und der Zaun keine deutlich trennbaren Hälften besitzt, entschied ich mich für eine andere Lösung: die Pflanze kann sehr gut ranken, und so lenkte ich sie auf ein im Garten befindliches Gerüst. Inzwischen fungiert sie dort als hübscher Sichtschutz.
Kurz nach Auftauchen der ersten Blüten sah ich eine Biene, die durchaus Ähnlichkeit mit der Zaunrübensandbiene besaß. Leider war sie sehr schnell und ließ sich nicht exakt fotografieren. Und überhaupt ist das mit der Bienenbestimmung eine sehr knifflige Sache. Zumindest habe ich jetzt in meinem Garten die Voraussetzung für diese Tierart geschaffen. Und ganz nebenbei die Vorteile als vertikale Gerüstbegrünung schätzen gelernt.
Bei mir wächst übrigens die zweihäusige Zaunrübe Bryonia dioica, was ich leicht an den roten Beeren erkenne. Daneben gibt es auch noch die schwarzfrüchtige Zaunrübe Bryonia alba. Außer der Zaunrübensandbiene, die wie gesagt streng auf die Gattung Bryonia spezialisiert ist, dient die zweihäusige Zaunrübe auch noch sechs anderen Bienenarten als Pollenquelle: Andrena bicolor, Andrena dorsata, Andrena flavipes, Andrena nigroaenea, Lasioglossum majus und Lasioglossum sexstrigatum (vgl. Westrich 2018, S. 371).
Die zweihäusige Zaunrübe ist eine indigene Pflanze und in allen Großnaturräumen Deutschlands vorhanden. Zweihäusig heißt sie, weil es männliche und weibliche Pflanzen gibt. Die männlichen Blüten produzieren den Pollen und die weiblichen den Nektar und später die Frucht. Früher als Heilpflanze verwendet, wird die Zaunrübe heute nur noch selten und hauptsächlich in der Homöopathie verwendet (vgl. Haeupler und Muer 2007, S. 146).
Die Pflanze hat mich überzeugt, und so möchte ich an dieser Stelle Werbung für sie machen: ein jeder Schrebergärtner möge doch einmal schauen, ob er dieses anspruchslose wie wertvolle Gewächs nicht an einer Stelle seines Gartens wachsen lassen kann und somit auch gleich ein paar Wildbienenarten „pflanzt“. Auch im Sinne von Klimaschutz ist die Zaunrübe als vertikaler (allerdings einjähriger bzw. kryptophytischer) Kletterer durchaus interessant. Möglichkeiten, die Pflanze zu leiten, gibt es viele. Wer außerdem noch eine Fläche mit sandigem bzw. freiem Boden hat, kann damit rechnen, dass die Zaunrübensandbiene sogar ihr Nest im Garten anlegt. Nur eins ist zu beachten: die Beeren der Zaunrübe sind giftig.
Literatur:
Westrich, Paul (2018): Die Wildbienen Deutschlands. Stuttgart: Ulmer.
Haeupler, Henning; Muer, Thomas (2007): Bildatlas der Farn- und Blütenpflanzen Deutschlands. Stuttgart: Ulmer.