Blühende Wiesen für bedrohte Insekten

Vorsicht Mogelpackung: Was im Handel als Blumenwiese verkauft wird, hat häufig kaum einen ökologischen Nutzen. Im Vordergrund steht hier viel zu sehr der spektakuläre Effekt. Dass es sich dabei häufig um exotische Blühpflanzen oder um einjährige Blumen handelt, ist den meisten Käufern nicht bewusst. Eine richtige Blumenwiese sollte viele Stauden und Gräser aufweisen. Dass Wildstauden nicht nur nützlich, sondern auch ausgesprochen attraktiv sind, zeigen wir euch hier.

Eine echte Blumenwiese schmückt sich im Frühjahr mit Stauden wie Wiesenschlüsselblumen, Wiesenschaumkraut und Bachnelkenwurz, aber auch mit einjährigen Pflanzen wie Vergissmeinnicht. Im Mai weichen diese dann den höheren Stauden wie Wiesenstorchschnabel, Wiesensalbei, Wiesenbocksbart, Taubenkropf-Leinkraut, Kuckucks-Lichtnelke, Flockenblume, Witwenblume, Wilde Möhre, Schafgarbe, Rot-, Weiß- und Hornklee, Habichtskraut, Ferkelkraut und Margeriten. Abgerundet wird die Mischung durch anmutige Gräser wie Wiesenfuchsschwanz, Wiesenrispe oder Wiesenlieschgras. Hier finden viele Insekten wertvolle Nahrung. Diese Art von Wiese ist vielleicht ein bisschen weniger spektakulär, dafür aber nachhaltig. Und man kann sich jedes Jahr wieder über alte Bekannte freuen.

Bunt, aber sinnlos

Eine Fake-Blumenwiese besteht zumeist aus einjährigen Blumen, die für den Hersteller den Vorteil haben, dass sie im Folgejahr nur noch spärlich durch Selbstaussaat wiederkommen und ihr erneut ein Samentütchen kaufen müsst. Hier findet sich der kurzlebige gelborange Island-Mohn neben Einjährigen wie blauen Kornblumen und rotem Klatschmohn. Gräser und mehrjährige Wildstauden fehlen komplett. Insekten finden hier im Frühjahr keine Nahrung, und es gibt auch keine Futterpflanzen für Raupen. Wirkungsvollen Artenschutz kann man damit also nicht betreiben.       

Und auch das hier ist keine ökologisch sinnvolle Blumenwiese. Denn hier gibt es nur exotische Blühpflanzen. Für unsere Insekten ist dies eine Mogelpackung, weil sie für ihr Überleben auf heimische Wildpflanzen angewiesen sind. Honigbienen und einige Schmetterlinge finden hier vielleicht noch Nahrung, viel wichtiger wären aber Futterpflanzen für Raupen und Pollenlieferanten für bedrohte spezialisierte Wildbienen.

Insektenfutter früh im Jahr

Das Gefleckte Lungenkraut (Pulmonaria officinalis) zeigt sich schon recht früh im Jahr zwischen März und Mai. Es eignet sich auch für eher schattige Lagen. Die Pflanze mit der von Rosa über Purpur bis Violett und Blau changierenden Blüte besticht auch durch ihr dekoratives Blattwerk mit den gepünktelten Blättern. Der Nektar ist durch einen Haarsaum am Eingang der etwa einen Zentimeter langen Kronröhre geschützt und nur langrüsseligen Bienen und Schmetterlingen zugänglich. Schwebfliegen freuen sich über den Pollen.

Wiesenschaumkraut (Cardamine pratensis) ist ein wichtiger Futterlieferant, der sich schon Anfang April zeigt. Sein Nektar ist nur Bienen und Faltern zugänglich, Schwebfliegen ernten den Pollen.  Die Blüten sind außerdem die wichtigste Pollenquelle der Sandbiene. Weil die Blüten des Wiesen-Schaumkrauts zuverlässig Nektar bieten, werden sie von verschiedenen Insekten aufgesucht, darunter etliche Schmetterlingsarten wie zum Beispiel das Landkärtchen und Weißlinge.

Gemeinsam mit der Knoblauchrauke ist das Wiesen-Schaumkraut die bevorzugte Nahrungspflanze der Raupe des Aurorafalters Der Aurorafalter, der das Wiesen-Schaumkraut auch als Nektarpflanze nutzt, legt seine Eier meist an den Blütenstielen ab. Zu den gleichfalls auf dem Wiesen-Schaumkraut lebenden Insekten zählt die etwa 5 bis 6 Millimeter lange und variabel gefärbte Wiesenschaumzikade. Wiesenschaumzikaden legen an ihren Wirtspflanzen ihre Eier in Schaumnestern ab, die auch an der Kuckuckslichtnelke und an Gräsern zu finden sind.

Blütezeit des Kriechenden Günsels (Ajuga reptans L.) ist April bis Juni, selten blühen einzelne Pflanzen auch noch später. Mit ihrer frühen Blüte ist der kriechende Günsel für früh fliegende Insekten als Nektarquelle wertvoll und ganz besonders für zahlreiche Wildbienen, die Günsel-Pollen als Proviant für ihre Larven nutzen. Wissenschaftlich nachgewiesen wurde sein Pollen in den Nestern von drei Pelzbienen-Arten, einer Mörtelbienen-Art sowie sechs Mauerbienen-Arten. Neben Hummeln zieht der Kriechende Günsel auch Schmetterlinge wie Weißlinge und Hauhechel-Bläulinge an.

Die Frühlings-Platterbse (Lathyrus vernus) blüht von April bis Mai. Ihre Blüten können nur von relativ kräftigen Insekten bestäubt werden. Dazu zählen besonders einige Hummel-Arten wie die Ackerhummel, die Samthummel, die Gartenhummel, die Steinhummel und die Bergwaldhummel, aber auch einige Wildbienen-Arten wie die rote Mauerbiene, die Gemeine Pelzbiene, die Langhornbiene sowie einige Sandbienenarten. Als Nektarräuber beißt die Erdhummel die Blüten einfach seitlich auf.

Das Taubenkropf-Leimkraut (Silene vulgaris) blüht von Mai bis Mitte September. Die Pflanze gedeiht am besten in trocknen, sonnigen Bereichen. Dort benötigt die weitgehend winterharte Pflanze weder Dünger noch muss sie bewässert werden. Als langblühende Pflanze in Wildgärten ist sie eine wertvolle Futterquelle für Nachtfalter. Die Blüten verströmen in den Nachtstunden einen kleeartigen Duft, um die Insekten anzulocken. An den Nektar, tief in ihrem Kelch, kommen nur langrüsselige Bienen und Nachtfalter. Hummeln umgehen diese Hürde, indem sie ein Loch in den Kelch beißen, um an den Nektar zu gelangen.

Der blaue Wiesensalbei (Salvia pratensis) blüht von Ende Mai bis in den August und liebt sonnige Lagen. Die Bestäubung erfolgt hauptsächlich durch Hummeln über den typischen Salbei-Mechanismus: Die Hummel steckt ihren Rüssel in die Blüte und durch eine Öse am unteren Hebelarm, um Nektar zu sammeln, dabei löst sie den Hebelmechanismus (auch Schlagbaummechanismus genannt) aus, der den Blütenstaub am haarigen Körper der Hummel abstreift. Der Pollen wird dann von der Hummel zu anderen Blüten weitergetragen. Der Nektar ist nur langrüsseligen Insekten zugänglich; der Hebelmechanismus kann nur von Hummeln, seltener von anderen Bienen betätigt werden. Aber auch viele Schmetterlinge wie Bläulinge, Weißlinge und auch der Schwalbenschwanz nutzen diese Pflanzenart als Nektarquelle.

Bei der Kuckuckslichtnelke (Lychnis flos-cuculi) wird die Blütezeit von Mai bis Juni mit dem Ruf des Kuckucks in Verbindung gebracht. Der Gattungsname Lychnis kommt von der griechischen Bezeichnung für Leuchte (Lampe) und weist auf das leuchtende Pink der Blüte hin. Die Bestäubung erfolgt durch Insekten. Wegen des tiefen Kelches sind dazu aber nur langrüsselige Insekten wie Schmetterlinge und langrüsselige Bienen in der Lage.

Die Blüten der Wiesenmargerite (Leucanthemum vulgare) erscheinen von Mai bis September. Der ganze körbchenförmige Blütenstand dient zur Anlockung der bestäubenden Insekten. Dabei dienen die weißen Zungenblüten als sogenannte Schauorgane und nur die goldgelben Röhrenblüten sind fruchtbar. Die Wiesenmargerite lockt Wildbienen ebenso an wie Wespen, Fliegen, Käfer und Tagfalter.

Die Blütezeit der Witwenblume (Knautia arvensis) ist von Juli bis August. Sie ist eine wichtige Nahrungsquelle für zahlreiche Insekten wie unterschiedliche Bienen und vor allen Dingen Schmetterlinge – etwa Tagpfauenaugen, Schwalbenschwänze, Weißlingsarten, Ochsenaugen und Widderchen. Ihr Nektar ist jedoch auch kurzrüsseligen Insekten zugänglich.

Der Wiesenbocksbart (Tragopogon pratensis) blüht von Mai bis August und ist eine Nektarpflanze für verschiedene Tagfalterarten. Man erkennt ihn an seinen sehr großen, gelben Blütenkörben. Tipp: Die Pflanze ist essbar. Die Schösslinge werden wie Spargel, die Blätter wie Spinat oder aber als Salat zubereitet. Der Geschmack ähnelt Endiviensalat oder Chicorée. Als Gemüse wurde diese Heilpflanze im Laufe der Zeit von der Gartenschwarzwurzel verdrängt.

Der Wiesenstorchschnabel (Geranium pratense) ist eine wichtige Bienenweide der Sommermonate und des Frühherbsts. Die drüsige Behaarung des nach der Blüte herab gebogenen Blütenstängels soll aufwärts kriechende Insekten als unerwünschte Besucher abhalten. Er lockt insbesondere Bienen und Schwebfliegen an, seltener Falter. Die Art ist eine wichtige Bienenweide der Sommermonate und des beginnenden Herbstes. Eine Selbstbestäubung ist fast ausgeschlossen. Seine Blütezeit reicht von Juni bis August.

Das Orangerote Habichtskraut (Hieracium aurantiacum) mag es sonnig und kommt auch mit Trockenheit ganz gut klar. Seine Blütezeit ist von Juni bis August. Mit Vorliebe werden die orangefarbenen Blüten von Schmetterlingen in der gleichen Farbe besucht, vor allem vom Kleinen Fuchs, dem Dukatenfalter und dem Perlmutterfalter. Dies geschieht vermutlich aus Tarnungsgründen.

Der purpurfarbene Blutweiderich (Lythrum salicaria) bevorzugt feuchte Böden, zum Beispiel den Saum eines Feuchtbiotops. Seine Blütezeit dauert von Juni bis September. Die Blütenbesucher des Blutweiderichs sind vor allem Schwebfliegen, aber auch Bienen und Schmetterlinge. Dabei ist die Blühpflanze ein Nektarspender von besonderem Wert. Wegen seines Nektars finden sich am Blut-Weiderich oft verschiedene tagaktive Schmetterlinge zur Nahrungsaufnahme ein, darunter Weißlinge, C-Falter und Kleiner Fuchs. Besonders für die Raupen einiger Nachtfalter wie etwa den Nachtpfauenaugen ist er auch eine wichtige Futterpflanze.

Die Wiesen-Flockenblume (Centaurea jacea) blüht von Juni bis Oktober. Sie zieht vielerlei Bestäuber an, zum Beispiel Bienen, Hummeln und Schwebfliegen. Weil sie vom Frühsommer bis in den Herbst hinein Nektar bietet, ist sie auch für viele Schmetterlingsarten eine wertvolle Futterquelle. Zu den Arten, die sie aufsuchen, gehören beispielsweise der Hauhechelbläuling, der Kleine Kohlweißling, das Große Ochsenauge, das Schachbrett und der Braune Waldvogel. Auch die Raupen einiger Nachtfalterarten nutzen sie als Futterpflanze.